Freitag, 30. September 2016

Ab in den Dschungel - Oder in die Irrenanstalt?



Christian Clavier hat mal wieder Schwiegersohnprobleme. Aber diesmal sind es nicht gleich vier, wie im grandiosen Monsieur Claude und seine Töchter. In der Katastrophenkomödie Ab in den Dschungel (Frankreich 2015, Regie: Philippe Lacheau, Nicolas Benamou) reicht gerade mal ein einziger Chaot, um den ganzen Laden gehörig auf den Kopf zu stellen. Es ist die Forstsetzung des Films Project: Babysitting, was man ihm aber nicht anmerkt; der Hangover-Stil des ersten Teils deutet sich zwar auch hier an, aber die Geschichte funktioniert auch ohne den Vorgänger ganz gut.

Eigentlich hätte alles ganz harmlos ablaufen können: Der junge Franck (Philippe Lacheau) und seine Liebste Sonia (Alice David) machen mit ein paar Freunden Urlaub auf dem Inselparadies ihres Papas, und als Krönung des Ganzen wird der Verlobungsring präsentiert. 

Franck (mitte) und seine dämlichen Freunde (links: Alex, rechts: "Ladykiller" Sam). Quelle.

Deppen unter Palmen

Das einzige Problem an der Geschichte ist, dass der junge Mann sich mit absoluten Vollidioten umgibt. An vorderster Front wäre Alex (Julien Arruti) zu nennen. Nicht nur geht er allen mit seiner Kamera gehörig auf die Nerven, sondern verhält sich in jeder Situation so überaus dämlich, dass der Zuschauer bereits nach einer halben Stunde im Film Höllenqualen der Fremdscham und/oder Wut erleidet. Es beginnt damit, dass er aus Gründen der Geheimhaltung, aber ohne ersichtliche Notwendigkeit den Verlobungsring in den Mund steckt. Natürlich verschluckt er ihn dann versehentlich, dann schießt der Tollpatsch auch noch eine Harpune in Francks Koffer, und von da an geht es nur noch bergab.

Außerdem dabei: Ernest – Streber, Flugbegleiter und Möchtegernpilot und Sam, der gerne Ladykiller wäre und Estelle, das versaute Dummchen. Damit wären die Rollen mehr als eingehend beschrieben, denn Charaktere (und Witze) bleiben vorwiegend flach. 


Not impressed: Alain (Christian Clavier, rechts) und seine Tochter Sonia (Alice David). Quelle.

Auf dem Inselparadies angekommen, müssen sich die Hohlköpfe erst einmal an die Sitten der Einheimischen gewöhnen: Kein Kabelfernsehen und keine Swimming-Pools, denn Christian Clavier (diesmal heißt er Alain) spielt nicht länger den katholisch-konservativen Familienvater, sondern ist wohl geschieden (?) und betreibt ein Öko-Hotel in Brasilien, das sich dem Naturschutz und Artenerhalt widmet. Und so weist er den jungen Franck gleich als Erstes darauf hin, wie viele Bäume so ein BD (Franck ist Comiczeichner) verschlingt. Welch unangenehme Begegnung, und das noch bevor einer der Katastrophenfreunde es so richtig versemmeln konnte!

Doch die echten Katastrophen lassen freilich nicht lange auf sich warten. Alex schubst versehentlich Franck gegen die Oma, die dann samt Scooter umkippt. Am Strand warten weitere Peinlichkeiten, und dann geht es weiter auf einen „Spaziergang“, der erneut die (rassistische) Oma, zwei ziemlich lüsterne Damen (angenehmes Wiedersehen: Elodie Fontan, jüngste Tochter in Monsieur Claude) und eine verunglückte Höhlenexpedition involviert.
 
Lost in Vacation

Diese Expedition ist das eigentliche Herzstück des Films und der Stil erinnert ein bisschen an R.E.C. oder Diary of the Dead, das heißt, die Perspektive ist die einer mobilen, verwackelten Kamera, was nicht jedem Kinobesucher gefällt. Ich persönlich fand es eine interessante Abwechslung und gewöhnte mich recht schnell an den etwas beengenden Blickwinkel. 

Ein chaotischer Haufen - mit Oma im Gepäck. Quelle.

Der Film hat ein gutes Tempo, sodass Langeweile vermieden wird. Das gleicht ein wenig die teilweise vorhersehbare Story aus. Die Gags reichen von superplatt bis unterhaltsam, was auch verzeihlich ist, denn dieser Film möchte lustig sein und mehr nicht. Am besten gefallen haben mir die politisch höchst inkorrekte Oma und der Subplot um die Freundin von Ernest, der ein sehr befriedigendes Ende erreicht; auch Christian Clavier (den ich seit Die Besucher verehre!) ist wieder spitze. Ab in den Dschungel ist eine nette Komödie für cringe-resistente Fans der sehr gut bestückten französischen Komödienlandschaft, reicht aber nicht an z. B. Monsieur Claude und seine Töchter heran. Wer den schon kennt, aber darauf verzichtet, seine Eltern ins Kino mitzunehmen, wird durchaus nicht enttäuscht, mehr aber auch nicht.

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