Sonntag, 27. November 2016

Phantastische Tierwesen - Und was von ihnen zu halten ist



Es gibt einen Film, um den man diesen Winter absolut nicht herumkommt: Die Rede ist natürlich vom Harry-Potter-Abkömmling Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (Regie führte David Yates). Es ist ein weiterer Spross der Spin-Off-Ära, der es sich gemütlich macht im Schatten seiner weltbekannten Marke, zusammen mit den anderen Nebenprodukten großer Franchises wie Better Call Saul, dem Hobbit und Rogue One.

Jacob, Newt und Tina, die Ex-Aurorin, stürzen unfreiwillig in ein gemeinsames Abenteuer. Quelle.

Kann der Film mit den Harry-Potter-Filmen mithalten? Die kurze Antwort ist: Nein. Sicher ist er besser als der eine oder andere (I’m looking at you, Teil 7.1!), aber die Erwartungen, die Spannung, all das hält sich etwas in Grenzen, und ich führe es nicht ausschließlich auf meine eigene erwachsene Abgebrühtheit zurück. Phantastische Tierwesen fühlt sich über sehr lange Strecken wie eine Komödie an, was durchaus nicht verkehrt ist. Allerdings bleiben die Momente, in denen es vor Aufregung einem den Atem verschlägt, aus, was durchaus (etwas) verkehrt ist.

Erzählt wird die Geschichte von Tierwesen-Forscher Newt Scamander (Eddie Redmayne), der im New York des Jahres 1926 ein paar sogenannte Tierwesen in die USA schmuggelt mit dem Ziel, eines davon zurück in die Wildnis zu führen. Dummerweise halten es die Tierwesen, die in seinem magischen, sehr geräumigen Koffer wohnen, nicht bis zum Zielort aus und stellen die Muggel-Stadt auf den Kopf. Unverhofft gerät ein Kriegsveteran (Dan Fogler), der eigentlich nur eine Bäckerei eröffnen möchte, mitten ins Chaos.

Das führt zu Konflikten mit dem amerikanischen Magierkongress (MAKUSA), der die Einfuhr von Tierwesen untersagt hat. Eine Ex-Aurorin (Katherine Waterston) nimmt den jungen Mann fest, doch findet sie aufgrund ihrer vor Kurzem erfolgten Suspendierung kein Gehör. Also bringt sie den jungen Mann und Jacob, den Bäcker in spe, zunächst bei sich unter. Ihre gedankenlesende Mitbewohnerin (und Schwester; Alison Sudol) schafft es, zu bezaubern. Jacob, der Muggel (in Amerika: No-Mag), macht große Augen, als sie mit geschickten Zauberstab-Bewegungen einen Apfelstrudel zubereitet – der Anfang einer sehr rührenden Liebesgeschichte.

Percival Graves gehört zu den Zauberern, die gegen Newt und seine Freunde ermitteln. Quelle.

Mein Hauptkritikpunkt: Der Film ist überladen mit Tierwesen. Man kann dem Film deshalb zwar nicht vorwerfen, dass er das Thema verfehlt hat. Allerdings: Man hätte die Tierwesen effektiver in Szene setzen können, hätte man ein paar überflüssige Szenen gestrichen. Während Jacob und Newt die Tierwesen einzufangen versuchen, hat man das Gefühl, man sei in einer Verfilmung von Pokémon Go gelandet. Natürlich sind einige von den Tierchen ganz niedlich, aber die Zeiten, in denen CGI-Monster minutenlanges Staunen hervorrufen können, sind vorbei. Klar, Phantastische Tierwesen setzt auf Familienfreundlichkeit wie seinerzeit auch Harry Potter, aber vielleicht bedarf es einfach der finsteren Burgmauern einer uralten Magierakademie, um zu fesseln. Weder der magische Kofferzoo noch die weite, unruhige Muggelwelt konnte mich vollständig überzeugen und auch der Schluss fühlt sich etwas zu convenient an.

Dennoch: Der Kampf gegen einen entfesselten Obscurus (einem Schattenwesen mit extremer Ähnlichkeit zu den Dementoren aus Harry Potter) ist spannend. Was hat die New-Salem-Bewegung damit zu tun, die die berüchtigten Hexenprozesse der Puritaner wieder aufleben lassen möchte? Wer ist Grindelwald? Harry-Potter-Fans werden sich zudem über das gelegentliche Namedropping freuen, das Brücken schlägt zwischen Alt und Neu. Das volle Potenzial dessen hat sich Rowling wohl aber für die Nachfolger vorbehalten.

Phantastische Tierwesen ist also nicht so gut wie die Harry-Potter-Filme. Allerdings handelt es sich sehr wohl um ein eigenständiges, neues, interessantes Werk, was ich dem Film umso mehr zugutehalte, als dass sich filmische Neuerscheinungen oftmals schamlos an ihren Vorgängern bedienen (wie etwa Star Wars: Das Erwachen der Macht). Hier hingegen handelt es sich tatsächlich um etwas Unabhängiges. Das allein reicht natürlich nicht für ein Meisterwerk, aber herausgekommen ist ein sehr humorvoller, guter Film.

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