Montag, 27. September 2021

Modellbau-Tutorial: Wie man einen Battlemage für Warhammer: Age of Sigmar zusammenbaut

 

Mein fertiger Battlemage. Die rechte Hand stammt übrigens aus dem Freeguild Greatswords-Set. Weitere Bilder auf Instagram.

Warhammer: Age of Sigmar ist ein Hort der Magie, und wer ein Faible für elegant geschwungene Roben und dynamische Posen hat, wird nicht an dem klassischen Zauberer-Set von Games Workshop vorbeikommen. Das Set enthält 4 Zauberer, wie sie auch in Total War: Warhammer vorkommen und bietet eine tolle Möglichkeit, sich ein schönes Andenken an digitale Schlachten zu basteln. In diesem einfachen, für Anfänger geeigneten Tutorial zeige ich, wie man in 6 schnellen Schritten einen Zauberer zusammenbaut und fürs Bemalen vorbereitet.

In der Anleitung sind die verschiedenen Bauoptionen aufgeführt.
 

1. Teile auswählen und abschleifen

Zunächst müssen die Teile aus den Gussrahmen vorsichtig herausgetrennt und von überflüssigen Gussgraten befreit werden. Dazu bieten sich ein Teppichmesser und eine Nagelfeile an (nicht aus Metall, da die zu grob ist). Für meinen Hysh-Zauberer des Lichtordens habe ich mich für die beiden Arme entschieden, die auf dem Gussrahmen mit dem Buchstaben C gekennzeichnet sind. 

Was man zum Basteln benötigt. Außerdem: Revell Plastikkleber, Sekundenkleber und Grundierspray (z. B. Army Painter Uniform Grey)

 2. Positionieren und Unterseite abschleifen

Sobald alle Teile von Gussgratresten befreit sind, kann ich die Arme schon an den Körper probeweise anlegen – aber du solltest sie noch nicht zusammenkleben. Tatsächlich klebe ich auch den Körper noch nicht auf die Base, stattdessen probiere ich, ob die Unterseite sicher auf dem Base stehen kann und schleife nach Bedarf zurecht, bis die Unterseite flach ist. Den Plastikstaub wische ich mit einem groben Pinsel ab.

3. Unterseite anbohren und Büroklammer einstecken

Dann bohre ich mit meinem Handbohrer mit 0,8cm-Aufsatz ein etwa 2 cm tiefes Loch in die Unterseite. Ist das Loch gebohrt, nehme ich eine kleine Büroklammer, von der ich an einem Ende circa 2 cm von der Plastikumhüllung löse – das geht gut mit dem Teppichmesser. Das freigelegte Ende der Büroklammer stecke ich in das Loch an der Unterseite des Zaubererkörpers – jetzt kann ich das Modell halten, ohne es direkt berühren zu müssen. Dasselbe mache ich mit der Unterseite des Kopfes – sieht makaber aus, ist aber ungeheuer praktisch, um mit dem Pinsel alle Stellen des Kopfes erreichen zu können!

 

Makaber, aber praktisch: Dieser Kopf wurde von Gussgraten befreit, aufgespießt, grundiert und bemalt.

 4. Arme kleben

Als nächstes klebe ich die Arme des Zauberers sorgfältig mit Revell Plastikkleber am Körper fest. Dabei bleiben an den Klebestellen Spalte zurück, die ich zusätzlich mit etwas Plastikkleber fülle. Beim Revell-Plastikkleber handelt es sich nämlich um eine Art „Plastikzement“, der die Klebeseiten miteinander verschmilzt und so kleinere Lücken versiegeln kann. Danach lasse ich das Modell 24h in einem gut gelüfteten Raum stehen, damit die Dämpfe des Klebers sich verflüchtigen können.

5. Spalten abschleifen

Jetzt schaue ich mir die Spalten an und schleife mit meiner Feile im rechten Winkel zum Spalt solange, bis er nicht mehr zu sehen ist – wichtig ist dabei, dass ich stets in dieselbe Richtung schleife. Dabei gehe ich vorsichtig vor, um etwa die Schultern des Modells nicht zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Mit einem großen Pinsel entferne ich sämtlichen Plastikstaub, der sich dabei gelöst hat. Jetzt kann das Modell grundiert werden. 

Nach ein bisschen hartnäckigem Schleifen ist der Spalt nahezu vollständig verschwunden.
 

6. Grundieren

An einem gut belüfteten Ort lege ich einige große Pappkartonteile auf einen Tisch, wo ich meinen Zauberer ablegen will. Dann sprühe ich aus ca. 30 cm Entfernung – dabei muss ich nicht allzu gründlich sein, es reicht, wenn das Modell größtenteils bedeckt ist. Für unentschlossene Maler empfehle ich eine graue Grundierung – von hier aus lässt es sich sowohl gut mit hellen als auch dunklen Tönen arbeiten. Mithilfe meiner Büroklammerhalterung drehe ich das Modell einmal um und besprühe die Rückseite. Mit dem Kopf mache ich das gleiche. Die Farbe ist derart schnell trocken, dass ich mein Modell nach 1-2 Minuten auf ein Stück Karton legen kann, wo ich das Modell wieder einen Tag lang auslüften lasse.

Weitere Schritte nach dem Bemalen

Jetzt kann ich das Modell an allen Stellen bemalen, wobei ich mit den tieferliegenden Bereichen beginne. Sobald ich die Innenseiten bemalt habe, löse ich die Büroklammer und klebe das Modell auf seine Base. Ist der Kopf fertig, klebe ich ihn auf den Körper, wofür ich allerdings Sekundenkleber benutze, denn dieser beschädigt die Farbschicht nicht so sehr (kleine Korrekturen bleiben vermutlich nicht aus). Auf meiner Instagram-Seite findest Du weitere Fotos meiner Projekte. Happy Wargaming!


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Freitag, 24. September 2021

Ein Ausflug und ein Rezept: Riesenbovist vom Beetzsee mit saftigem Salat

 

Im Fritze-Bollmann-Lied wird der beim Angeln verunglückte Barbier nach einem eher missglückten Versuch, Petrus‘ Bart zu stutzen, des Himmels verwiesen. Ob man ihn an manch verwunschenem Morgen auf dem Beetzsee noch antreffen kann?

 

Flanieren am Beetzsee

Neulich habe ich einen kleinen Ausflug in meine Heimat gemacht. Das kleine Dorf Brielow im seenreichen Land Brandenburg, nur 8 km von der gleichnamigen Stadt an der Havel entfernt, wurde 1290 erstmals urkundlich erwähnt. Historisch interessant ist aber vor allem die mehrere hundert Jahre alte Schwedenlinde, benannt nach einem schwedischen Offizier, der im Dreißigjährigen Krieg gefallen und unter dem prächtigen Baum von seiner Geliebten beerdigt worden sein soll.

Ich ging am wenige Kilometer entfernten Beetzsee spazieren, wo einst der sagenumwobene Fritze Bollmann ertrunken sein soll, dem einige Brandenburger ein heiteres Volkslied dichteten. Tatsächlich handelte es sich bei dem spöttisch besungenen Barbier um eine historische Person (1852-1907), der allerdings nicht der vergleichsweise flache Beetzsee, sondern die Liebe zum Alkohol zum Verhängnis wurde.

 

Auch in den Abendstunden lädt die Gegend um den Beetzsee zum Verweilen ein.

Dort am Beetzsee also machte ich einen unerwarteten Fund. Auf einer von Bäumen umgebenen Wiese fand ich einige weiße Pilze von beeindruckender Größe. Es handelte sich dabei, wie mir eine Freundin mitteilte, um den sogenannten Riesenbovist. Die großen, weißen Knollen wachsen typischerweise an eher trockenen Plätzen im und am Wald und können dort von Juni bis September gefunden werden.

Ich sammelte zwei der teils Softball-großen Knollen, die mich noch einige Tage nähren sollten. Man sollte dabei darauf achten, dass möglichst keine schwarzen Stellen am Pilz vorhanden sind. Nicht zu verwechseln übrigens ist der Riesenbovist mit dem Wiesenbovist – letzterer ist auch essbar, unterscheidet sich aber ganz klar durch seine strukturierte Oberfläche – die Ähnlichkeit besteht also vor allem in sprachlicher Hinsicht. Ich beschloss, meine Pilze nach Art des Wiener Schnitzels zuzubereiten, denn roh darf der Riesenbovist nicht verzehrt werden.

Der Riesenbovist hält, was sein Name verspricht.

 

Zubereitung: Riesenbovist-Schnitzel

Benötigt werden:

  • 1-2 Riesenboviste
  • 400g Mehl
  • 3 Eier, davon ein ganzes und zwei Eigelb, verrührt
  • 400g Zwieback oder Semmelbrösel
  • 500ml Olivenöl

Die Pilze mit feuchten Tüchern polieren, dunkle Stellen herausschneiden und in große, ca. 2 cm dicke, solide Scheiben schneiden. Als nächstes 5 große Teller bereitstellen: Auf einem werden die Pilzscheiben abgelegt, ein zweiter dient als Ablage für die fertig gebratenen Pilz-„Schnitzel“. Die übrigen drei Teller dienen zum Panieren: Auf einem Teller Mehl verteilen, auf dem nächsten eine Eiermischung aus 1 Ei und 2 Eigelb und auf dem letzten 300g Semmelbrösel (ich benutze hierfür immer Zwieback, den ich in eine Tüte lege und mit einem Nudelholz zermahle). 

 

Erst ins Mehl, dann ins Eigelb und schließlich in die Brösel. Eselsbrücke: Vom Hellen ins Dunkle.
 

Die Pilzscheiben werden zunächst im Mehl gewälzt, danach in der Eiermischung und schließlich in den Semmelbröseln. Bei jedem Schritt ist darauf zu achten, dass die Oberfläche möglichst vollständig bedeckt wird. Anschließend wird eine große Pfanne erhitzt, deren Boden mit Olivenöl befüllt wird. Darin werden die Pilz-Schnitzel von beiden Seiten jeweils ein paar Minuten lang gebraten, bis sie von beiden Seiten goldgelb sind. Regelmäßig die Pfanne nachfetten.

Die Pilz-Schnitzel können sofort serviert werden und machen sich gut als vegetarischer Patty auf einem Burger oder zu Salat.

 

Zubereitung: Saftig-süßer Salat

Zunächst 200g frischen Salat waschen und trocknen, am besten mit einer Salatschleuder, und nach dem Abtropfen beiseitestellen. In eine große Schüssel geben und gründlich verrühren:

  • 1 klein geschnittene Zwiebel
  • 2 EL Apfelessig
  • 4 EL Sonnenblumenkernöl (Raps- und Olivenöl sind ebenfalls geeignet)
  • 1 gestrichener TL Senf
  • 1 gestrichener EL Zucker

Danach hinzugeben:

  • 8 Cherrytomaten, geviertelt
  • 1 rote oder gelbe Paprika, gewürfelt

Schließlich den Salat hinzugeben, gründlich umrühren und fertig ist eine schmackhafte Ergänzung zum Pilz-Schnitzel. Guten Appetit!


 

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Mittwoch, 15. September 2021

Ein frühes Meisterwerk des Stealth-Genres. Thief: The Dark Project (1998)

 


Es ist Nacht. Meisterdieb Garrett steht zu später Stunde in Farkus‘ Laden. Farkus ist einer der wenigen Händler, die nach der Sperrstunde noch eine offene Tür für zwielichtige Gestalten wie Garrett haben. Doch seit einer ganzen Weile stehen da zwei Kerle vor der Tür, die selbst ihm unbekannt sind. Mit einem Male wird Farkus von einem Pfeil getroffen – er ist sofort tot. Es bleiben Garrett wenige Sekunden, zu realisieren, dass es offenbar eine Verwechslung gegeben hat – der tödliche Pfeil hatte eigentlich ihm selbst gegolten. Jetzt heißt es: Schleunigst die Beute einsacken und hinterher. Typen wie diese kann Garrett nicht gebrauchen, denn sobald sie ihren Irrtum bemerken, werden sie erneut zuschlagen – so viel ist sicher. 


Gealtert wie feiner Wein

Thief: The Dark Project ist jetzt 23 Jahre alt, und dennoch spielenswert – ja, ich behaupte dreist, dass es stimmiger ist als beispielsweise das wunderschöne Shadow of the Tomb Raider (2018) oder die moderne Hitman-Reihe (2016-2021) – immerhin zwei renommierte Stealth-Kollegen.

Manch einer wird jetzt einwenden: Woran liegt das, und warum lautet die Antwort ‚Nostalgie‘? Dem erwidere ich: Falsch! Oder: Nur teilweise richtig. Denn offensichtliche Schwachstellen wie die etwas hölzerne grafische Aufmachung weiß Thief gekonnt auszubügeln mit einer dichten Atmosphäre, die noch heute dem Spieler tatsächlich das Gefühl gibt, ein listiger Dieb in einer lebendigen Welt zu sein.

 

Mit dem Blackjack kann man die Wache schnell ins Reich der Träume schicken.

Thief spielt in einer namenlosen Stadt, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Die erste Mission versetzt den Spieler in ein prunkvoll ausgestattetes Schloss mit Teppichen, Galerien und Bibliotheken. Die Wachen sind entweder betrunken oder meckern über ihren knurrenden Magen und der Spieler erkennt: Offenbar bin ich hier in einem finsteren, aber nicht humorlosen Mittelalter gelandet.

Später kommen fantastische Kreaturen wie dicke, feuerspeiende Echsen (Burricks) und Zombies hinzu, aber gleichzeitig schleicht sich immer auch ein bisschen Steampunk hinein: Primitive Aufzüge und elektrische Alarmsysteme sind fest verbaut in den massiven Burgen und Kirchen, die das Stadtbild prägen. Genaugenommen betreibt Thief gar eine Subversion des Steampunk, indem es auf allzu müde Klischees wie Zylinder und Monokel verzichtet und seine ächzenden Dampfmaschinen und magischen Straßenlaternen gekonnt mit mittelalterlicher Ästhetik verzahnt. Knarzende Türen, rotierende Maschinen und das Pfeifen einer patrouillierenden Wache füllen die Welt mit Leben, und ein Hauch Film Noir liegt in der Luft.

Religiöse Ikonografie und massive Zahnräder stellen in dieser Welt keinen ästhetischen Widerspruch dar.
 
Die Cutscenes versprühen Film-Noir-Flair.

Ein bisschen Schaudern ist erlaubt

Doch nicht nur die Lebenden machen sich lautstark bemerkbar, auch die Toten sind rastlos. In einer späteren Mission muss der vom Spieler gesteuerte Meisterdieb in eine verfluchte Kathedrale einbrechen. Mit primitiven Blendgranaten („Blitzbomben“) und Weihwasser ausgestattet, stellt er sich untoten Geistlichen, die ihm entweder als kettenrasselnde, aber blitzschnelle, in leuchtendes Rot gekleidete Schädelfratzen begegnen oder als untote Priester, die, unablässig in einer unergründlichen Sprache fluchend, Garrett mit magischen Totenschädeln beschießen. 

Die verfluchte Kathedrale.

Ein geübter Dieb jedoch kann all diesem Ärger entgehen, indem er sich vorsichtig und methodisch durch das entweihte Gotteshaus bewegt und jeden Zentimeter Schatten mit geübtem Auge zu vermessen weiß. Ein Lichtjuwel am unteren Rand des Bildschirms gibt Feedback, wie sichtbar die Spielfigur für ihre Feinde ist. Allerdings ist Garrett auch ein Freund harter Absatzschuhe. So veranstaltet der Meisterdieb ziemlichen Lärm auf marmornen Fliesen, wenn er zu hastig ist – Vorsicht ist geboten.

Die licht- und geräuschempfindliche künstliche Intelligenz ist dabei weiter, als man es für ein Spiel aus dem Jahre 1998 vermuten würde, wenngleich auch sie nicht ganz frei von Bugs ist. Mit seinem neuartigen Stealth-Gameplay läutete Thief (neben wenigen anderen Spielen) einen epochalen Umbruch für das First-Person-Spiel ein, das in der breiten Öffentlichkeit allerdings noch jahrelang in erster Linie mit sog. Killerspielen à la Doom oder Castle Wolfenstein assoziiert werden sollte. Inzwischen aber lösen Egoshooter keine Gewaltdebatten mehr aus, sondern bedienen sich eigener Stealth-Mechaniken – ein Vermächtnis auch der Thief-Reihe.

 

Ein unvorsichtiger Dieb endet schnell als Zombie-Piñata.

In der Kathedrale angekommen, lasse ich Garrett behutsam die Emporen erklimmen – denn der primitive Aufzug ist defekt. Seilpfeile oder gezielte Sprünge schaffen Abhilfe. Die Atmosphäre ist intensiv wie in einem Resident Evil, aber die historische Dimension ist gewaltiger, hier spukt der Geist der Knechtschaft, Folter und Hexenverfolgung. Diese Welt wird nicht von strahlenden Paladinen beherrscht, sondern vom ewigen Widerstreit zwischen dem religiösen Orden der handwerklich begabten Hammeriten und den mysteriösen, im Wald beheimateten Heiden. 

 

Der ewige Widerstreit zwischen dem Waldfürsten und dem Erbauer um die Gunst der Menschheit ist der Stoff von Legenden.
 

Garrett findet sich unverhofft zwischen den Fronten wieder, wie sich schon bald herausstellen soll. Doch zunächst berge ich einen magischen Edelstein, der sogleich zu mir spricht: Wozu die Eile? So einfach lässt mich das eigensinnige Juwel nicht gehen. Kraft seiner magischen Aura hat es die Vordertür versiegelt. 

Der ruhelose Bruder Murus fungiert als Questgeber.

Auf der Suche nach einem alternativen Ausgang stoße ich erstmals auf eine friedfertige Seele an diesem verfluchten Ort. Der Geist von Bruder Murus bittet mich, ihn von den Qualen des Untodes zu befreien. Es folgen ein paar fetch-quests, an deren buchstäblichem Höhepunkt ich das Observatorium betrete, wo die jetzt rastlosen Toten einst, zu ihren Lebzeiten, den Lauf der Sterne studierten. Hier befindet sich ein Becken, in dessen klarem Wasser letzte Spuren göttlichen Lichtes zu finden sind: Das reicht, um ein heiliges Symbol zu weihen, welches für eine rituelle Beerdigung benötigt wird. Als seine Seele endlich frei ist, lässt mir Bruder Murus einen Schlüssel zum Dachboden da, wo ich allerlei nützliche Ausrüstung finde. Schließlich gelingt es mir – sehr indiskret für einen Meisterdieb – das massive Tor der Klostermauer zu sprengen. Endlich frei!

Der Spieler ist der Souverän

Während der Mission habe ich die volle Kontrolle über Garrett. Keine Cutscenes unterbrechen das Geschehen – kurze, hervorragend synchronisierte Videos gibt es erst nach dem Level. Es blitzen auch keine Steam-Errungenschaften auf, die mir versichern würden, dass ich gerade alles richtig mache. Die Schauplätze, die Geschichte darin und darum sind interessant genug und erklären sich von allein: Wer sich unbeschadet durchschlagen will, muss sich vollkommen auf diese Welt einlassen. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit bekommt der Spieler sein Werkzeug an die Hand gegeben: Hier sind Wasserpfeile – sie löschen Fackeln und schaffen so dunkle Ecken zum Zurückziehen. Moospfeile erzeugen einen Untergrund, der die Geräusche deiner Schritte dämpft. Hier ist dein Schwert, mit dem du kämpfen kannst, wenn es brenzlig wird. Hier ist eine Karte – sie mag nicht sonderlich detailliert sein, vielleicht ist sie gar veraltet – aber du bist klug genug, die Lücken selbst zu füllen.

Und darin liegt für mich die große Stärke von Thief. Das Spiel erklärt sich nur so weit, wie es muss und ist elegant in seinem Minimalismus. Gleichzeitig gibt es viel zu entdecken und meine schnell wachsenden Fähigkeiten erlauben es mir, verschiedene Routen und Spielweisen auszuprobieren, um an die kostbaren Schätze dieser ungewöhnlichen Welt zu gelangen.

 

Der exzentrische Constantine wird zu einem wichtigen Kontakt für Garrett.

Thief: The Dark Project ist derzeit in Form der Gold-Version für einen schmalen Taler zu haben – die gog-Version ist sogar bereits für moderne Systeme gepatched. Die Gold-Version bietet drei zusätzliche Level, die aber nur etwas für echte Liebhaber sind: Die Level sind schlicht ein bisschen zu groß geraten und erfordern sehr viel Umherrennen. Mein Tipp: Die Levels so lange spielen, bis sie anfangen, zu nerven und dabei so viel Gold wie möglich für die nächste Mission einsammeln. Dann: STRG+ALT+SHIFT+END. You’re welcome. Am besten noch ist Song in the Caverns gelungen, ein spannender Zweiteiler mit einigen Überraschungen und atmosphärisch bereits sehr dicht am zweiten Teil dank neuer visueller assets.

Die Magiertürme ist eine konzeptionell interessante Mission, aber zu lang.

Abschließend bleibt zu sagen: Thief besticht nach wie vor durch seine exzellente Soundkulisse, seine packende Mittelalter-Atmosphäre und sein schlankes, aber in die Tiefe reichendes Gameplay. Selten hat ein Spiel ein derart gelungenes Gesamtpaket aus Spielspaß, Spannung und originellen Ideen geliefert.